Für immer alt

Den Grünen wird seit Jahren nachgesagt zu überaltern. Einige wenige erfahrene Abgeordnete lassen keine Jungen nach vorne, heißt es. Deshalb ein paar Fakten.

Peter Pilz kann sich nicht mehr erinnern. Der sonst so eloquente Abgeordnete kommt ins Stottern bei der einfachen Frage, wie oft er schon bei einem Grünen Bundeskongress gewesen sei. Nach wenigen Minuten hat er die Lösung: “Bei allen”. Er war bei jedem einzelnen der 33 Bundeskongresse seiner Partei. Ihn Urgestein zu nennen, wäre wohl eine Untertreibung.

Die Grünen haben ihr Personal für die Nationalratswahl 2013 aufgestellt und wieder einmal begleitet sie eine Frage, die seit Jahren immer wieder auftaucht. Wie alt dürfen die Grünen werden? Wieviel Establishment verträgt eine Partei, die in den 80ern das Rotationsprinzip in den Nationalrat gebracht und, kurz danach, selbst wieder abgeschafft hat? Sind die Grünen eine Berufspolitiker-Altpartei oder ganz einfach gerontophob?

Das Durchschnittsalter bei den Grünen ist seit den 90ern stetig gestiegen. Aus einer jungen Truppe wurde ein Klub von Parlamentariern ziemlich exakt im Altersdurchschnitt des Nationalrats.

Mit der letzten Wahl haben sich die Grünen eine kleine Auffrischungskur gegönnt, dennoch ist der Klub im Schnitt noch immer 10 Jahre älter als noch 1990.

Ridi Steibl. Ridi Steibl sitzt länger im Nationalrat als jeder Grüne. Die weitgehend unbekannte steirische ÖVP Abgeordnete hat seit 1994 sieben Legislaturperioden, fernab der Fernsehkameras, im Nationalrat verbracht. Die drei dienstältesten Grünen haben sechs Angelobungen im Nationalrat hinter sich. Peter Pilz kam mit dem Einzug der Grünen in den Nationalrat, Karl Öllinger und Gabriela Moser folgten 1994. Nachdem Wolfgang Schüssel, der unglaubliche zehn Mal in den Nationalrat gewählt wurde – übrigens einzigartig in der Geschichte Österreichs- die Politik verlassen hat, teilen sich drei Abgeordnete das Zepter des Dienstältesten: Josef Cap, SPÖ Klubobmann, und die beiden ÖVP Abgeordneten, Bauernbundchef Jakob Auer und Günther Stummvoll, die alle drei seit 1983 im Nationalrat sitzen. Acht Nationalratswahlen und eben soviele Kanzler haben die drei überlebt, der dienstälteste Parlaments-Abgeordnete ist Günther Stummvoll, der zuerst auch noch drei Jahre im Bundesrat saß.

Der Grüne Klub ist in seiner Zusammensetzung näher an den Altparteien als an der FPÖ, in der überhaupt nur ein einziger Abgeordneter mehr als zwei Legislaturperioden hinter sich hat, nämlich Nationalratspräsident Martin Graf. Das BZÖ schaut nach dem Personalschwund Richtung Team Stronach – es haben nur Parlaments-Neulinge gewechselt- ziemlich alt aus. Gleich zwei Orange sitzen länger im Parlament als jeder Grüne.

Am Bundeskongress rücken nun erstmals seit längerem gleich zwei Unter-30-Jährige auf wählbare Plätze der Bundesliste, zu Lasten eines “Alten”. Karl Öllinger bleibt nur die Hoffnung, über sein Kampfmandat in Wien in den Nationalrat einzuziehen. Das letzte Mal fehlten den Grünen auf das sechste Mandat, das Öllinger nun inne hat, 18.688 Stimmen oder 2,2 Prozent. Die Grünen in Wien müssen also 2-3% dazu gewinnen, damit Öllinger in den Nationalrat kommt. Die Jungen haben es bequem, der Ältere muss ordentlich strampeln um es nochmal in den Nationalrat zu schaffen. Hier schließt sich der Kreis. Karl Öllinger war im Alter von 47 Jahren noch immer Jugendsprecher seiner Partei.

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